Jugend-WM: Niederlagen für Leonore in der 9. und 10. Runde

Jugend-WM: Niederlagen in 9. und 10. Runde

Dass das gute Ergebnis der ersten 5 Runden sich ewig fortsetzen würde, war nicht zu erwarten. Die Ausbeute von nur einem Remis in der folgenden Doppelrunde war deshalb kein Grund zum Hadern, und auch das Remis in der 8. Runde ging in Ordnung. Die 9. und 10. Runde verliefen aber wirklich enttäuschend, denn beide Partien gingen verloren, wenn auch auf recht unterschiedliche Weise.

In der 9. Runde hatte es Leonore mit Dominika Ferkova (Elo 2035, siehe Bild) aus der Slowakei zu tun.

Die vorbereiteten Varianten kamen zwar schon wieder nicht aufs Brett, weil die Gegnerin im 5. Zug abwich, aber Leonore erspielte sich schnell eine sehr gute Stellung.

Nach dem Zug 12. ... a6 ihrer Gegnerin entstand eine Stellung (siehe Diagramm), in der Leonore mit 13. Sd5: ein gewinnbringendes Opfer hätte spielen können. Sie prüfte diesen Zug auch, verwarf ihn aber wieder, weil sie die Endstellung der Kombination falsch einschätzte. Nach der gewählten Fortsetzung befand sich die Partie ungefähr im Gleichgewicht und Leonore spielte das Opfer nun im 16. Zug, als es leider nicht mehr funktionierte. Die Gegnerin setzte korrekt fort und fuhr mit einer Mehrfigur letztlich recht einfach den Sieg ein. Schade um die Partie, aber immerhin mutig gespielt. In einem Interview mit GM Granda Zuniga war einmal zu lesen "das Loblied des Feiglings wird niemand singen" und auch wenn das Risiko hier nicht belohnt wurde, so war es immerhin eine spannende Partie - zum Nachspielen. (Auf der verlinkten Seite Poetsch eingeben; dann können alle Partien außer der letzten nachgespielt werden).

Die 10. Runde hielt ein Tal aus Blut, Schweiß und Tränen bereit. Leonore spielte mit Schwarz gegen Perla Chavez aus Bolivien (Elo 1518, siehe Bild).

In der Vorbereitung war leicht zu erkennen, dass diese Gegnerin noch am Anfang ihrer schachlichen Entwicklung steht - um es einmal positiv zu formulieren. Es gab nur wenig Partiematerial, aber das, was dabei zu sehen war, hatte schachlich eine recht geringe Qualität. Trotzdem hat sich Leonore natürlich ausführlich auf die Partie vorbereitet und verschiedene Varianten der Französischen Eröffnung noch einmal detailliert analysiert. Das wäre aber gar nicht nötig gewesen, denn was dann am Brett geschah, hatte mit gutem Schach fast nichts zu tun. Schon nach 1.e4 e6 kam der minderwertige Zug 2.Lc4, und nach 2. ...d5 gleich noch 3.De2+ Le7. In der Folge hatte Leonore sofort eine Traumstellung. Bis zum 10. Zug stand sie klar besser. Ab da war aber der Wurm drin. Sie entwickelte ihre Figuren nicht, zog andere dafür mehrmals hin und her, stellte Dame und Springer ungünstig auf, so dass die Gegnerin mit wenigen Zügen eine Gewinnstellung erreichte. Vermutlich, ohne es zu wissen, denn sie ließ ihrerseits einfache Gewinnzüge aus, so dass Leonore im 25. Zug noch einmal hätte Ausgleich erlangen können, um einen neuen Anlauf zu nehmen und die Partie zu ihren Gunsten zu entscheiden. Leider spielte sie aber nicht den hier nötigen einfachen Verteidigungszug, so dass Perla Chavez sich plötzlich und unerwartet mit einer Mehrfigur im Vorteil sah. Die sie dann allerdings sauber zum Sieg verwertete.

Hier bieten sich verschiedene Erklärungsversuche an, die aber alle recht spekulativ sind. Wahrscheinlich war es die eine von 10 Partien, die Leonore rein statistisch auch einmal gegen solche Gegnerinnen verliert. Traurig, dass dies gerade in der 10. Runde der WM passieren muss! Mit einer guten letzten Runde heißt es nun, die Schmerzen etwas zu mildern.

 (Dr. Gero Poetsch)